Golden Age

Eine der wichtigsten und gleichzeitig knappsten Ressourcen ist die Zeit, die jedem*r von uns zur Verfügung steht. Durch ihre gefühlten und sichtbaren Zeichen geraten wir in den Zugzwang, „jeden Tag wie den letzten zu leben” – oder zumindest unsere To-dos abzuarbeiten. Die Spanne, in der das möglich ist, hat sich dabei beinahe unbemerkt ausgedehnt: Heute Geborene haben gute Chancen, ein ganzes Jahrhundert durch-, er- und überleben. Echte Methusalems also. Weiser scheinen wir dadurch nicht unbedingt geworden zu sein – und „genießen lieber den Moment“ als vorausschauend zu planen.

Nachdem die last frontier gen Westen zwar längst durchbrochen wurde, finden wir ihre heutige Manifestierung im Silicon Valley, wo man in Longevity-Laboren nach Lifestyle-, bio- und gentechnischen sowie technologischen Lösungen für die nächste bis dato unüberwindbare Hürde sucht: Zellalterung und Tod.

Die (großen technischen) Systeme, Gesellschaft(en) und Überzeugungen, an denen wir bereits gebaut haben, scheinen unterdessen dringend wartungsbedürftig. Denn mit dem Altern scheint keine*r gerechnet zu haben. Es wäre ja so schön die Ur-Ur-Ur-Enkel aufwachsen zu sehen. Und ein wenig länger zu arbeiten, ist sicherlich klug und so wird das Rentenalter wieder erhöht. Auf der anderen Seite werden es unsere Kinder (und deren Kinder) schwer genug haben, ihre eigenen Pensionierungen zu schultern, ohne sich auch um dich zu kümmern. Die Politik wird hässlich; einige Leute denken, dass die Lösung für die Staatsschuldenkrise darin besteht, die Sozial- und die Krankenversicherung für alle über 85 Jahre zu kappen. Was ist, wenn es so wird? Rufen die Senior*innen zum Protest – „Seniors for Future” sozusagen?

Wir wollen mit "The Golden Age" den Blick auf Temporalitäten, ihre Herausforderungen und Chancen lenken. Was fangen wir mit dem Überschuss an Kapazitäten an? Wie integrieren wir ältere Menschen in die Kultur- und Kunstproduktion? Die städtische Infrastruktur erweist sich als äußerst unzureichend für die Bedürfnisse einer wachsenden Generation von älteren Menschen. Ist diese Bevölkerungsgruppe bei all den Mobilitätsmaßnahmen mitgedacht? Und wie entwirft man Technologien für Senior*innen, die deren Bedürfnissen entsprechen?

Wir treten dem Alter nicht angstvoll gegenüber, sondern fächern Facetten auf, die es zu gestalten gilt: lebenslanges Lernen, Neugier, Zugang und Partizipation an Ökonomien, Bildungstrends, Kunst und Kultur und technologischen Begleiter*innen im Alltag.

Denn die die Zukunft, die wir bekommen, hängt von den Entscheidungen ab, die wir heute treffen.