2020-02-11

#rp20-Sprecherin Julia Reda – Update zu Urheberrechten und Uploadfilter

Julia Reda

Photo Credits: Diana Levine

Die Harvard-Forscherin, ehemalige EU-Abgeordnete und Aktivistin für digitale Rechte Julia Reda war von 2014 bis 2019 Abgeordnete der Piratenpartei im EU-Parlament. In dieser Zeit organisierte sie die Proteste gegen die Uploadfilter-Richtlinie in Brüssel maßgeblich mit.

Inzwischen forscht sie am Berkman Klein Center for Internet & Society der Harvard Universität zu den Themen gerechter Zugang zu Wissen, Open Science und Regulierung von Online-Plattformen.
Auf der #rp20 spricht Julia Reda über den viel diskutierten Art.17 (ehemals Art. 13) der Art. 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie und die neuesten Entwicklungen im Umgang mit potenziell illegalen Inhalten auf Online-Plattformen. Der Fokus ihrer Keynote wird auf der Umsetzung der EU-Urheberrichtlinie in Deutschland liegen. Julia Reda wird aber auch die Gesetzes-Vorstöße anderer EU-Länder in Sachen Uploadfilter thematisieren.

Julia ist auf Twitter als @Senficon unterwegs.

ASAP – 3 Fragen an … Julia Reda

Wir haben Julia drei Fragen zu ihrer #rp20-Keynote, den ihrer Meinung nach dringendsten Themen und ihren Literatur-, Film- oder Musiktipps gestellt.

Über welches Thema sprichst du auf der #rp20? / Womit beschäftigst du dich aktuell?
Filtern ohne Uploadfilter, wie soll das gehen? Als die Bundesregierung im letzten Jahr der umstrittenen Urheberrechtsreform zugestimmt hat, gab sie vollmundige Versprechen ab, um die über 100.000 Demonstrierenden in Deutschland zu beschwichtigen: Sie werde einen Weg finden, die Reform ohne die Uploadfilter umsetzen, die unsere Kommunikationsfreiheit im Netz einzuschränken drohen. Seitdem ist die Regierung still geworden um Artikel 17 (ehemals Artikel 13), statt eines konkreten Vorschlags zu Artikel 17 will sie lieber erstmal das mehrfach gescheiterte Leistungsschutzrecht durchsetzen. Dabei ist größte Eile geboten, eine möglichst grundrechtsfreundliche Umsetzung von Artikel 17 zu diskutieren: Andere Mitgliedstaaten wie Frankreich haben bereits ihre nationale Umsetzung vorgelegt, die ganz klar auf Uploadfilter hinausläuft. Die Schutzvorkehrungen, um Memes und Cco. von der Sperrung durch übereifrige Filter zu bewahren, werden in diesen Vorschlägen vollständig ignoriert. Durch Aussitzen tragen CDU und SPD also nur dazu bei, dass in unseren europäischen Nachbarländern Fakten geschaffen werden, die die Netzfreiheit empfindlich einschränken.

Ganz im Sinne des diesjährigen Mottos „ASAP“: welches Thema ist für dich persönlich das aktuell dringendste?
Nicht nur im Urheberrecht, in allen möglichen politischen Feldern glänzt die Politik durch Verantwortungsdiffusion. Unbequeme Entscheidungen werden Brüssel in die Schuhe geschoben, auch wenn die Bundesregierung aktiv an ihnen mitgewirkt hat, und bei dringenden Krisen wie dem Klimawandel vertrödelt sie wichtige Zeit. Die junge Generation drängt immer lauter auf Veränderung, aber wird von den Parteien noch immer viel zu wenig ernst genommen. Zeit, sie aufzurütteln!

Was sind deine Lese-, Film- und/oder Musik-Tipps, die jeder ASAP kennen sollte?
Wenn die Politik Themen verschläft, sind es oft Journalismus und soziale Medien, die gesellschaftliche Veränderung vorantreiben können. Schwer beeindruckt hat mich das neue Buch „She Said“ der beiden Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey, die maßgeblich dazu beigetragen haben, den sexuellen Belästigungsskandal um Harvey Weinstein aufzudecken. Sie haben den Stein ins Rollen gebracht, aber ohne die tausenden mutigen Frauen, die unter dem Motto #MeToo ihre Erfahrungen geteilt haben, hätten sie nie soviel Bewusstsein schaffen können. Ihre Erzählung macht Mut, mit brisanten Themen an die Öffentlichkeit zu gehen, aber zeigt auch, wie dringend wir die politischen und gesellschaftlichen Strukturen angehen müssen, die jahrelangen Machtmissbrauch und die Ausbeutung marginalisierter Gruppen überhaupt erst ermöglichen.